Interview mit Ivan Nokhrin – Wir sollten auf Technologien setzen die das Nutzererlebnis verbessern

Ivan Nokhrin ist ein echter Proptech-Enthusiast, der seine ganze Aufmerksamkeit von Anfang an dieser Bewegung gewidmet hat. Darüber hinaus ist er ein wahrer Allrounder, wenn es darum geht, Innovationen in der Immobilienbranche voranzutreiben. Ivan hat Exquance, PropTech Russia und BuiltAPI mitbegründet und ist Gründer von Wiredhut. Was Ivan mit PROPSTER verbindet, ist die Leidenschaft, die Immobilienindustrie zu digitalisieren und Prozesse effizienter zu gestalten. PROPSTER Marketer Aleks Gavric traf sich mit Ivan zu einem ausführlichen Interview, bei dem Themen wie PropTech, Nachhaltigkeit und zukünftige Trends in der Immobilienbranche besprochen wurden. 

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen dieses Interviews.

Ivan Nokhrin – Damals nannte man es noch nicht PropTech

Aleks: Hallo Ivan, schön, dass du dir Zeit genommen hast für das Interview. Bitte stell dich kurz vor, was ist dein Hintergrund? Was ist deine Expertiese?

Ivan Nokhrin: Vielen Dank für die Einladung. Es ist mir eine Freude, an diesem Interview teilzunehmen, Aleks. Bevor ich mein erstes PropTech-Unternehmen gegründet habe, habe ich für große Investmentgruppen wie Aberdeen Asset Management und allgemeine Banken gearbeitet, wo ich als Asset Manager und Fondsanalyst Investmentanalysen und -bewertungen durchgeführt habe. Der Background, der mich zu PropTech führte, war also ein professioneller Immobilien- und Finanzhintergrund.

Aleks: Ivan, du bist sehr umtriebig und somit ein echter Tausendsassa. Du warst Mitbegründer von Exquance, PropTech Russia und BuiltAPI, und hast Wiredhut gegründet. Bevor wir uns BuiltAPI und PropTech Russia genauer widmen, lass uns zu den Anfängen zurückkehren. Wie hat deine PropTech-Reise begonnen? Was bedeutet PropTech für dich?

Ivan Nokhrin: Meine Reise begann vor über einem Jahrzehnt, als ich für eine Investmentgesellschaft arbeitete und das Potenzial erkannte, dass viele Prozesse Optimierungspotenzial haben. Ich glaube, dass viele Proptech-Unternehmer eine ähnliche Geschichte haben. Damals nannte man es noch nicht PropTech, sondern eher etwas, das mit digitalen Medien oder digitalen Lösungen zu tun hatte. Viele Software-Unternehmer in unserem Bereich haben den Begriff PropTech sehr schnell übernommen, weil er ganz natürlich zu einem allgemein gebräuchlichen Technologiebegriff geworden ist, der das Phänomen der digitalen Transformation in der Immobilienwirtschaft beschreibt. Wenn ich über die Prozesse nachdenke, die heute diese Transformation durchlaufen, nehme ich gerne eine etwas breitere Perspektive ein und bezeichne es als digital-first built environment. Damit ist buchstäblich alles gemeint, was um uns herum von Menschenhand geschaffen wurde, die städtische Umwelt und die Infrastruktur, die Menschen für andere Menschen bauen.

die Vernetzung der verschiedenen Sektoren.

Der Digital-First-Ansatz bedeutet, dass digitale Lösungen und digitale Medien Vorrang vor Stift und Papier haben. Wenn ich von der digitalen Umwelt spreche, meine ich die Vernetzung der verschiedenen Sektoren, also auch Telekommunikation und Mobilität. Im Allgemeinen geht es um alle realen Güter und die Kommunikation zwischen ihnen. Wenn wir IoT und digitale Servicenetzwerke genauer betrachten, können wir sie als „denkende Dinge“ bezeichnen – ein Begriff, den ich gerne verwende.

Ivan Nokhrin – PropTech Vienna

Aleks: Du hast erwähnt, dass der Begriff PropTech damals noch nicht wirklich existent war? Wer ist eigentlich der Schöpfer dieses Begriffs?

Ivan Nokhrin: Das ist umstritten. Es gab eine Entwicklung von Begriffen wie CRETech, RETech, PropTech, ConTech und so weiter. Der Begriff wurde von anderen, sich schneller entwickelnden Branchen übernommen, wie z.B. „FinTech“ in der Finanzbranche oder „MarTech“ in der Marketingbranche. Es ist schwer zu sagen, wer der Initiator war. Ich habe mich an der weltweiten Diskussion beteiligt, als James Dearsley, soweit ich mich erinnern kann, jemanden in Großbritannien davon abzuhalten versuchte, ein Unternehmen mit dem Namen PropTech zu registrieren. Daraufhin gab es eine Art Aufschrei der Fachleute, diesen Namen nicht als Marke zu schützen, da er bereits ein geläufiger Begriff sei. Ich vermute, das ist eines dieser Dinge, die wahrscheinlich ganz natürlich entstehen und sich in mehreren Köpfen zugleich manifestieren. Offensichtlich gibt es tatsächlich eine einzige Quelle des Bewusstseins im Universum, wie Nikola Tesla prophezeit hat.

Das Universum hat diese eine Quelle des Bewusstseins

Aleks: Was erwartest du dir aktuell von der Digitalisierung der Immobilienbranche?

Ivan Nokhrin: Vor sechs bis sieben Jahren, als Unternehmen von digitaler Transformation gesprochen haben, bedeutete dies in der Regel, dass sie ihre Prozesse digitalisieren wollten, um die Ergebnisse maschinenlesbar zu gestalten. Das bedeutet, dass jede Transaktion elektronisch erfasst wurde. Wenn wir uns heute die Kunden näher betrachten, mit denen wir zusammenarbeiten, können wir feststellen, dass diese Art der Digitalisierung weitgehend abgeschlossen ist. Viele Prozesse in der Immobilienindustrie sind digitalisiert, und obwohl man argumentieren kann, dass sie noch nicht optimal sind, haben wir heute digitale Spuren von fast jeder Transaktion. Nun stellt sich die Frage, wie die digitalen Daten verwaltet und gemeinsam genutzt werden. Es stellt sich auch die Frage, wer letztendlich die Hoheit über die Daten hat?

Der nächste Schritt ist die Lösung des Vertrauensproblems und des Problems der Datenspeicherung durch die Unternehmen, die Eigentümer der realen Vermögenswerte sind. Die Inhaber der Eigentumsrechte konkurrieren quasi mit den Technologieanbietern um die Frage, wem die digitalen Daten gehören und wer die Kontrolle über die Daten hat.

Aleks: Du hast James Dearsley erwähnt. Als ich im Juni 2022 das Interview mit James geführt habe, hat er etwas Interessantes gesagt. Es geht mehr um einen Bewusstseinswandel als um einen digitalen Wandel. Stimmst du dieser Aussage zu, bzw. was wäre deine Meinung dazu?

Ivan Nokhrin: Ich stimme James zu. Der Umgang mit Maschinen ist immer auch ein Umgang mit Menschen, denn Immobilien sind in hohem Maße ein Geschäft für Menschen. Wir beobachten derzeit eine Verlagerung der Autorität von Menschen zu Algorithmen, insbesondere im Bereich des Vertrauens. Diese findet in verschiedenen Branchen statt und unsere Branche ist da keine Ausnahme. Die Entscheidungsträger sind immer noch Menschen, und es ist definitiv eine Frage der Denkweise, aber was meinen wir damit? Welche Denkweise ist für eine erfolgreiche Innovation erforderlich?

Ich würde sagen, dass eine Digital-First-Mentalität ausreicht, um die heutigen Digitalisierungsprobleme zu lösen. Wenn ein Entscheidungsträger denkt: Ich muss diese Investitionsentscheidung treffen oder ich muss diese Budgetentscheidung für die Umstellung treffen. Wenn eine solche Person eine Digital-First-Mentalität hat, würde sie sich fragen: Welche Art von digitaler Lösung soll ich verwenden und welchen maschinenlesbaren Output soll ich bei jedem Schritt erzeugen? Wie wird dieses Ergebnis gespeichert, geschützt und verteilt? Wo liegt der Mehrwert in diesem digitalen Prozess? Wenn die Entscheider in der Immobilienwirtschaft so denken, dann sind sie meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg. Eine funktionierende Lösung ist dann nur noch eine Frage der Methodik und der eingesetzten Werkzeuge.

Ivan Nokhrin

Ivan Nokhrin – Verbinde Menschen mit Dingen, die denken

Aleks: Vielen Dank, Ivan. Lassen uns zu BuiltAPI wechseln. Was ist eure Vision? Was ist eure Mission? Und was möchtet ihr mit BuiltAPI erreichen?

Ivan Nokhrin: Viele Unternehmen in der Immobilienindustrie sind mit den bisherigen Ergebnissen der Digitalisierung nicht zufrieden. Mit anderen Worten: Die Digitalisierung entspricht nicht wirklich den Erwartungen der Unternehmen. Die bestehende IT-Landschaft ist bereits komplex und es gibt eine wachsende Anzahl von B2B-Lösungen auf dem Markt. Immobilienunternehmen sind oft überfordert, sich für eine bestimmte Technologie zu entscheiden. Die Lösungen sind oft teuer und die Anschaffung riskant. Es dauert in der Regel sehr lange, Software effektiv zu integrieren und mit jeder neuen Anwendung kommt unweigerlich ein Datensilo hinzu.

Unsere Aufgabe ist es, den Prozess der Datenintegration zu vereinfachen.

BuiltAPI wurde mit dem Ziel gegründet, unternehmensinterne Innovationstreiber zu unterstützen, die einen effektiven Datenaustausch über ihre professionelle Softwarelandschaft hinweg benötigen. Unsere Mission ist es, den Datenintegrationsprozess für diese Unternehmen zu vereinfachen. Es gibt eine direkte Verbindung zu dem, was ich vorhin über Data Governance und Dateneigentum gesagt habe. Wie können Unternehmen konkurrieren, wenn alle die gleiche Software verwenden? Wir helfen den Unternehmen, die Probleme des Datenmanagements und des Vertrauens zu lösen. Das bedeutet, dass Unternehmen das Eigentumsrecht an ihren Daten behalten, dass sie unabhängige Richtlinien für ihre Data Governance haben und dass sie mit den Daten, die sie aus den Silos herausholen, verschiedene intelligente Anwendungsfälle schaffen können. Das hilft ihnen, sich von der Masse abzuheben und auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der einzige Weg, sich im Leben zurechtzufinden, ist zu verstehen, dass jeder von uns Teil eines größeren Ganzen ist.

BuiltAPI ist ein Toolset für echte interne Innovations-Champions, die diesen Titel nicht nur aus Compliance-Gründen tragen, sondern die Branche durch ihre praktische Arbeit vorantreiben. Unser Ziel ist es, Business-Anwendern ein Toolset zur Verfügung zu stellen, das ihre Excel-Kenntnisse ersetzt oder ergänzt. Wir möchten, dass Geschäftsanwender mit Low-Code-Skripten und APIs genauso vertraut sind wie mit Excel-Funktionen. Der einzige Weg, sich im Leben zurechtzufinden, ist zu verstehen, dass jeder von uns Teil eines größeren Ganzen ist und dass jeder von uns eine enorme Verantwortung trägt. Im Grunde genommen ist es, wie ich bereits sagte, unser Ziel mit BuiltAPI, is es Menschen mit denkenden Dingen zu verbinden. In diesem Sinne wollen wir aufstrebenden Menschen dabei helfen, in großen Unternehmen erfolgreich zu sein.

Wir planen in Deutschland eine Konferenz für Technologieentwickler zu organisieren, die sich auf technologische Anwendungsfälle in der digitalisierten Umgebung konzentriert. Es wird die erste Technologiekonferenz sein, die sich speziell an solche Innovations-Champions richtet und für jene geschaffen wurde. Dabei geht es uns darum, diese Menschen zusammenzubringen, damit sie ihre Anwendungsfälle präsentieren und ihre Erfahrungen teilen können. Letztendlich soll es eher eine Konferenz für Technologieentwickler als für Unternehmen sein, was uns hoffentlich in die Lage versetzen wird, das innovative Humankapital zu stärken.

Ivan Nokhrin – nachhaltig ist Vertrauenslos

Aleks: Ivan, die Frage stellt sich gar nicht. Aber die Immobilienbranche muss sich auf die Nachhaltigkeit konzentrieren, schon allein um der zukünftigen Generationen willen. Auf deinem LinkedIn-Banner steht: Nachhaltig ist Vertrauenslos. Was meinst du mit dieser Aussage bzw. worauf beziehst du dich dabei?

Ivan Nokhrin: „Vertrauenslos“ in meinem Motto bedeutet nicht „unzuverlässig“ oder „nicht vertrauenswürdig“. Ich verwende diesen Begriff nicht als nicht vorhandenes Vertrauen, sondern minimales Vertrauen, besser gesagt als aufgeteiltes Vertrauen und nicht als delegiertes Vertrauen. Denn wie ich schon erwähnte als ich über Menschen sprach, muss jeder seine eigene Verantwortung für die Dinge, die wir im Leben tun, übernehmen. Gleichzeitig muss diese Verantwortung mit einer gemeinsamen und langfristigen Vision in Einklang gebracht werden. Langfristigkeit ist ein sehr wichtiger Aspekt bei der Festlegung von Zielen. Lass uns einen Blick auf die aktuelle Energiekrise werfen. Es gibt nur wenige Führungspersönlichkeiten und politische Entscheidungsträger, die das Vertrauen der Menschen genießen, grundlegende und wichtige Entscheidungen zu treffen, die Milliarden von Menschen auf unserem Planeten betreffen. Dieses Vertrauen kann missbraucht und das Leben von Menschen sehr leicht gefährdet werden.

Jeder muss seine eigene Verantwortung für die Dinge, die er im Leben tut, tragen.

Das Schlagwort „Vertrauenslos“ steht also eigentlich für Distributed-Ledger-basierte Technologien und verteiltes Vertrauen. z. B. wenn wir alle als Akteure unseren Teil der Verantwortung für das übernehmen, was mit uns geschieht, und wenn wir dieses Vertrauen in einem mathematischen Ausdruck festhalten, welches transparent ist und nicht leicht zu missbrauchen ist, da es verschlüsselt ist. Auf diese Weise können wir das Risiko minimieren, das entsteht, wenn eine Person Entscheidungen trifft, die Milliarden von Menschen betreffen. Darüber hinaus können wir die Menschen mit Tools ausstatten, die es ihnen ermöglichen auf der Grundlage von Ehrlichkeit und Transparenz zu handeln und genauere datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Das ist es, was „vertrauenswürdig“ bedeutet: Eine Beziehung zwischen Menschen die auf intelligenten Verträgen basiert. Das können zwei Menschen sein oder Hunderte oder gar Millionen. Um ein nachhaltiges Geschäft aufzubauen, müssen wir langfristig denken.

Wir müssen uns auf die langfristigen Ziele der gesamten komplexen gebauten Umgebung konzentrieren.

Hier ein Beispiel: In meiner Familie haben meine Frau und ich uns ein 50-Jahres-Ziel gesetzt. Ich denke, dass größere soziale Gebilde wie Städte und Gesellschaften, Länder und Ländergruppen sich weitaus längerfristige Ziele setzen und darüber nachdenken müssen, was in Hunderten von Jahren sein wird. In diesem Sinne müssen wir, wenn wir über Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft sprechen, uns auf die langfristigen Ziele der gesamten komplexen gebauten Umwelt konzentrieren und nicht nur CO₂ Emissionen in den Fokus rücken. CO₂-Emissionen und globale Erwärmung sind sehr kontroverse Themen. Ich denke, die meisten Menschen würden dem zustimmen. In jüngsten Veröffentlichungen und auf einschlägigen Konferenzen wird stets behauptet, Investitionen in Immobilien nachhaltig sind. Aber gleichzeitig ist der Immobiliensektor der größte Verursacher von CO₂-Emissionen und die schmutzigste Assetklasse in Bezug auf das Emissionsvolumen.

Ich bin der Meinung, dass wir, wenn wir das Konzept der Nachhaltigkeit wirklich verinnerlichen wollen, langfristige Ziele anstreben müssen, bei denen die Interessen der Menschen an erster Stelle stehen. Die Verantwortung muss von allen Beteiligten und allen Akteuren der Immobilienwirtschaft getragen werden, einschließlich Investoren, Asset Managern, Facility Managern, Mietern und Nutzern. Wir müssen alle unseren Teil dazu beitragen.

Ivan Nokhrin

Ivan Nokhrin – Wir müssen langfristige Ziele anstreben und dabei die Interessen der Menschen in den Vordergrund stellen.

Aleks: Lassen Sie uns über die Immobilien- und PropTech-Branche in Russland sprechen. Vor welchen Herausforderungen stehen Immobilienentwickler auf dem russischen Markt?

Ivan Nokhrin: In Russland besteht eine starke Nachfrage nach einem internen Angebot an technologischen Innovationen. Natürlich haben die Sanktionen die Entwicklung innovativer Technologien verlangsamt, in einigen Fällen gestoppt oder sogar zurückgeworfen. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass ein Großteil der wirtschaftlich aktivsten Menschen das Land verlassen hat. Dies ist ein schwieriges Thema, da es viele unzuverlässige Informationen gibt und es aufgrund der offensichtlichen Unklarheit schwierig ist, Schlussfolgerungen zu ziehen. Wir hoffen, dass so bald wie möglich Frieden einkehrt. Es wird ein komplizierter Prozess sein, die Dinge zu normalisieren, die sich im vergangenen Jahr so radikal und brutal verändert haben.

Aleks: Ich kann mir vorstellen, wie schwer es für dich sein muss, über dieses Thema zu sprechen. Auch wenn es schwierig ist, lassen Sie uns die aktuelle Situation für einen Moment ausblenden und darauf zurückkommen, ob die russischen Projektentwickler vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie die in Europa.


Die russische PropTech-Szene ist etwas weiter entwickelt als in Europa

Ivan Nokhrin: Der russische Markt ist im Vergleich zum europäischen anders strukturiert. Gewerbeimmobilien sind in Russland überhaupt nicht institutionalisiert. Der Haupttreiber des Immobilienmarktes ist der Wohnungssektor, und dieser ist in den letzten Jahren rasant gewachsen, weil Hypotheken erschwinglicher geworden sind und die Zahl an hochwertige Entwicklungsprojekten gestiegen ist. Die Konsumenten sind verwöhnt worden aufgrund des Zuganges zu guten Retail-Technologien, vor allem in den Großstädten. In dieser Hinsicht ist die russische PropTech-Szene in einigen Bereichen etwas weiter entwickelt als in Europa. Was die Annäherung an die personalisierten Super-Apps aus China betrifft, ist Russland defintiv näher an der Einführung von Super-Apps als Europa. Was jedoch die Immobilienentwickler betrifft, denke ich, dass sie vor den gleichen Herausforderungen stehen wie in Europa.

Aleks: Wie viele PropTechs gibt es eigentlich auf dem russischen Markt?  Im Vereinigten Königreich gibt es etwa 2000 PropTechs. Ich denke, in Deutschland sind es zwischen 500 und 600. In der Schweiz fast 400, und erst vor kurzem habe ich erfahren, dass Österreich 200 PropTechs vorweisen kann.

Ein personalisiertes Gebäude bedeutet, dass es über einen Kommunikationskanal auf die Erwartungen des Nutzers reagieren kann.

Ivan Nokhrin: Es ist schwer zu sagen, wie viele es in Russland gibt. Auf der letzten Konferenz vor der Pandemie haben wir über 700 verschiedene Start-ups in unterschiedlichen Entwicklungsstadien gezählt, die wir der PropTech-Szene zuordnen konnten. Dazu gehören baubezogene Lösungen, kunden- oder mieterseitige Anwendungen, Mobilitätslösungen wie selbstfahrende Autos, Drohnen, Lieferroboter und teilweise auch FinTech-Start-ups, die wir ebenfalls der PropTech-Szene zu ordnen konnten. Es ist also ein ziemlich reichhaltiges Spektrum. Als wir PropTech Russia ins Leben riefen und uns außerhalb der Hauptstädte umsahen, waren wir überrascht, dass es zahlreiche Lösungen gab, die lokal in kleineren Städten wie Izhevsk entstanden, nicht nur in Metropolen wie Jekaterinburg oder Novosibirsk, die mehr als zwei Millionen Einwohner zählen. Es gibt gute lokale Lösungen aber die Szene ist sehr zersplittert.

Aleks: Lassen Sie uns über PROPSTER sprechen. Wie Sie wissen, verfolgen wir einen sehr kundenzentrierten Ansatz. Welche Rolle wird die Kundenzentrierung in den kommenden Jahren spielen? Welche Rolle wird PROPSTER in den nächsten Jahren spielen?

Immobilientechnologien und Innovationen in der Gebäudewelt ermöglichen eine intelligentere Umgebung

Ivan Nokhrin: Ich glaube, dass Immobilientechnologien und Innovationen in der Gebäudewelt generell eine intelligentere Umgebung ermöglichen, d.h. einen individuelleren Ansatz für die Nutzer oder, wenn man so will, eine Individualisierung von Gebäuden. Ein personalisiertes Gebäude bedeutet, dass es über einen bestimmten Kommunikationskanal auf die Erwartungen des Nutzers reagiert. Maßgeschneiderte Ausstattung und eine reibungslose Erfahrung, vom Kauf einer Immobilie bis zum Einzug, sind meiner Meinung nach das, was ein kundenzentrierter Ansatz im Immobilienbereich bedeutet. Und ich denke, dass PROPSTER ein großartiges und sehr erfolgreiches Beispiel dafür ist, wie diese Brücke geschlagen werden kann, wenn verschiedene Interessengruppen in der Customer Journey zusammengeführt werden.

PROPSTER ist definitiv ein gutes Beispiel dafür, wie Bauunternehmen, Ausstattungsunternehmen, Lieferanten, Hersteller und Subunternehmer in einer nahtlosen Kette zusammenarbeiten können, um so dem Kunden ein einzigartiges Erlebnis und ein maßgeschneidertes Produkt zu bieten. Ich bewundere die Fortschritte, die PROPSTER in den letzten Jahren gemacht hat. Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass PROPSTER eine führende Rolle auf dem Markt einnehmen wird und den Akteuren der Branche ein perfektes Beispiel dafür liefert, wie man es richtig macht.

Aleks: Vielen Dank für diese netten Worte, Ivan. Eine Frage noch, bevor wir zu Ihrem Schlusswort kommen. API war das Immobilienwort des Jahres 2021, dicht gefolgt von ESG-Compliance. Im Jahr 2022 war ESG in aller Munde. Welche Trends können wir für 2023 erwarten?

Ivan Nokhrin

Was man nicht messen kann, kann man auch nicht managen

Ivan Nokhrin: Was nicht gemessen werden kann, kann auch nicht gemanagt werden. Wenn wir datengetriebene Lösungen für Immobilien entwickeln, wenn wir diese Digital-First-Immobilienstrategie für Unternehmen konzipieren, sollten wir uns auf Technologien konzentrieren, die das Nutzererlebnis in der gebauten Umgebung verbessern, und auf Technologielösungen, die einen messbaren Effekt auf die Immobilienperformance selbst haben.. Wenn API das Wort des Jahres 2021 ist und ESG das Wort des Jahres 2022, dann wage ich zu behaupten, dass das Wort des Jahres 2023 ROI sein wird, was für Return on Innovation steht. Denn die aktuelle Krise zeigt deutlich, dass die Immobilienbranche unter Druck steht, und ich gehe davon aus, dass sich die Entscheidungsträger auf Lösungen konzentrieren werden, die wirklich funktionieren, Geld sparen und die Performance der Immobilien steigern. Die aktuelle Krise wird, wie jede Belastung, eine reinigende Wirkung auf die Branche haben. Ich vermute daher, dass das Wort des Jahres 2023 ROI sein wird.

Aleks: Okay, da wären wir also am Ende des Interviews. Dein abschließendes Wort oder dein abschließender Satz wird lauten?

Ivan Nokhrin: Wir diskutieren viel über Nachhaltigkeit in der Baubranche und darüber, wie man bessere, ökologischere und sozialere Lösungen entwickeln kann. Das ist alles gut und schön. Wenn man sich die berühmten UN-Ziele vor Augen führt, sind sie alle gut. Aber ich denke, die entscheidende Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Wer finanziert das eigentlich? Um welchen Preis machen wir das? Denn wenn wir uns Ziele für die nächsten zehn Jahre setzen, die wiederum bedeuten, dass mehrere Wirtschaftssektoren gleichzeitig ihre Arbeitsweise drastisch ändern müssen, dann wird das wahrscheinlich nicht gut ausgehen. Wenn wir über eine nachhaltige Baukultur sprechen, müssen wir uns auf die essentiellen Aufgaben, die unser Leben verbessern, konzentrieren und nicht auf die blinde Befolgung einer populistischen Politik. Die letztendlich von uns verlangt, enorme Geldmengen auszugeben, die buchstäblich von zukünftigen Generationen geliehen sind.

Eine ziemlich gute Hoffnung für die Menschheit

Jungunternehmer und kritische Denker mit innovativen Ideen sind eine große Hoffnung für die Menschheit. Das wahre Ökosystem der gebauten Umgebung ist nicht der abgenutzte zeitgenössische Unternehmensjargon, sondern die Menschen, die Innovationen schaffen und vorantreiben, die sich auf Lösungen konzentrieren, die wirklich funktionieren. Wir müssen uns die Frage stellen: Was ist eine zukunftssichere Nachhaltigkeit, die unseren Kindern hilft und nicht nur endlos von künftigen Generationen geborgt wird? Seien wir ehrlich, die Tech-Start-Ups sind heute die einzigen, die diesem globalen Denken treu bleiben. Politische Entscheidungsträger und Politiker scheinen Tribalismus zu bevorzugen, Mauern zu errichten und das soziale Gefüge im Namen des Status quo zu zerreißen. Tech-Unternehmer sind wahre Global Player. Ich glaube, dass globales und langfristiges Denken die Welt retten wird. Das sollten wir anstreben.

Aleks: Ivan, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen und deine Gedanken mit unserer Community geteilt hast.

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